Klimaneutralität wird immer mehr zum Wettbewerbsfaktor: Nachhaltig zu produzieren, gehört inzwischen in vielen Unternehmen zur Strategie. Dabei ist ein guter CO2-Fußabdruck ein elementares Aushängeschild in unterschiedlichsten Branchen. Stefan Schneider, Vertriebsleiter der bmp greengas GmbH in München, weiß: „Dieser Trend ist nicht nur begrüßenswert – er ist auch unerlässlich, wenn die Klimaziele der Bundesregierung eingehalten werden sollen. Um in dieser Richtung weiter voranzukommen, gibt es speziell im Bereich der Grünen Gase noch großes Potenzial.“
Image-Faktor: Nachhaltigkeit ist gut fürs Geschäft
Der Markt für klimaneutrale Produkte ist da. Der Nachhaltigkeitsgedanke ist in nahezu allen Branchen angekommen – ganz gleich, ob in der Automobilindustrie, Lebensmittelherstellung oder im Bau. Auch das TOP Industrie Forum, das Jahrestreffen der Produktioner, hat sich 2018 ganz dem Thema Nachhaltigkeit gewidmet. Nachhaltige Produktion ist eine Frage des Images und damit einer der wichtigsten Marketingfaktoren für Unternehmen geworden.
„Grüne Gase bieten innerhalb der Produktionskette vielfältige Möglichkeiten, den CO2-Fußabdruck eines Endprodukts immer weiter zu minimieren“, erklärt Schneider. Nicht nur große Konzerne stellen an den eigenen Standorten auf grüne Produktion um. Auch werden inzwischen oft Zulieferer gewählt, die aktiv CO2 einsparen. Der Druck seitens der Kunden und der Geschäftspartner steigt. „Wer sich des Themas Nachhaltigkeit nicht annimmt, dessen Geschäft wird auf lange Sicht auch nicht die positiven Effekte spüren und nutzen können.“
Grüne Gase machen erneuerbare Energie überall und jederzeit einsetzbar
Um die Potenziale zur Minderung von Treibhausgasen innerhalb der Industrie noch besser ausnutzen zu können, ist der verstärkte Einsatz von Biomethan oder Grünem Wasserstoff unumgänglich. Denn ausschließlich Grüne Gase ermöglichen es, die volatilen erneuerbaren Energien aus Wind und Sonne zu speichern, und zwar über den Umweg von Power-to-Gas-Anlagen. Unabhängig davon, wo und wann Energie über Wind oder Sonne erzeugt wird, kann diese Energie in Form von erneuerbarem Gas im Netz gespeichert und transportiert werden. „Diese ständige ortsunabhängige Verfügbarkeit ermöglicht es, auch industrielle Prozesse komplett grün zu gestalten, die auf lückenlose Energieversorgung angewiesen sind“, erklärt Schneider. Blockheizkraftwerke oder Brennstoffzellen, die beispielsweise für Prozesswärme- oder Stromerzeugung eingesetzt werden, können problemlos mit Biomethan betrieben und dadurch noch klimafreundlicher werden.
Etliche Anwendungsmöglichkeiten
Die Möglichkeiten für den Einsatz von Grünen Gasen innerhalb der Produktionskette sind vielfältig: Biomethan als Treibstoff für die Firmenwagenflotte oder verflüssigtes Biomethan (Bio-LNG) für den Transport mit Lkw können deutliche Verbesserungen für den CO2-Fußabdruck eines Produktes bringen. Als Betriebsstoff im Bereich der Kraft-Wärme-Kopplung kann Erdgas durch Biomethan ersetzt werden. Grüner Wasserstoff ist im großen Stil industriell einsetzbar – beispielsweise wird seit diesem Jahr Grüner Wasserstoff erstmals in Deutschland in einer Raffinerie eingesetzt, was dort die Treibstoffherstellung sehr viel umweltfreundlicher macht. Wird Biomethan im Blockheizkraftwerk (BHKW) eingesetzt, kann die entstehende Wärme etwa für Trocknungsprozesse genutzt werden oder die Produktion beheizen – Gewächshäuser zum Beispiel. Auch Holztrocknung funktioniert über ein mit Biomethan betriebenes BHKW. Eine Glashütte kann Biomethan für Schmelz- und Verarbeitungsprozesse einsetzen, um Flaschen für beispielsweise Bio-Wein herzustellen. „So eine Bio-Flasche bedient ganz klar die Nachfrage der Kunden, die über den Konsum von ‚grünen‘ Produkten etwas für die Umwelt tun möchten“, so Schneider. „Dabei spielt auch Biomethan als chemischer Rohstoff eine Rolle. Es kann zum Beispiel Erdgas in der Ammoniaksynthese ersetzen.“ Grüner Wasserstoff wird aus erneuerbaren Energien mittels Elektrolyse gewonnen, der seinerseits wiederum vielseitig einsetzbar ist – etwa für den Betrieb von Brennstoffzellenheizungen, zur Düngemittelproduktion, Entschwefelung, Fetthärtung oder Halbleiterfertigung. „Um so etwas allerdings flächendeckend möglich, wirtschaftlich und dadurch am Ende des Tages für die Kunden erschwinglich zu machen, sollten die gesetzlichen Rahmenbedingungen weiter angepasst werden“, erklärt Schneider.
Besserstellung gegenüber Erdgas ist notwendig
Eine Angleichung von Grünen Gasen gegenüber Erdgas ist notwendig – durch eine entsprechende CO2-Bepreisung oder durch einen niedrigeren Primärenergiefaktor. Das würde die ohnehin unumgängliche Abkehr von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Energien mithilfe Grüner Gase als Speichermedium weiter unterstützen. „Es ist sehr erfreulich, dass seitens des Bundesumweltministeriums inzwischen ein Runder Tisch zum Thema Grüne Gase angekündigt wurde“, so Schneider. „Wir hoffen sehr, dass dort die Weichen gestellt werden können, damit die erneuerbaren Energien seitens der Industrie noch schneller, unkomplizierter und wirtschaftlicher in den Produktionsalltag integriert und effektiv genutzt werden können.“